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Befristete Mietverträge zunehmend als Problem

Die Leistbarkeit von Wohnen ist in den letzten Jahren in Österreich und Europa zu einem viel diskutierten Thema geworden. Steigende Wohnkosten bereiten vor allem jüngeren Wohnungssuchenden zunehmend Schwierigkeiten. Neben den Wohnkosten trägt aber auch die Art der Mietverträge zur Qualität der Wohnsituation bei. Hier zeigt sich, dass befristete Mietverträge in den letzten Jahren stark auf dem Vormarsch sind. Obwohl der Anteil befristeter Mietverträge in allen Mietsektoren zugenommen hat, sind davon in erster Linie private Mieterinnen und Mieter betroffen. Im Jahr 2017 waren fast die Hälfte (45%) aller privaten Mietverträge in Österreich befristete Verträge. Das sind bereits deutlich mehr als 2001, als der Anteil bei rund einem Drittel (31%) lag. Im Vergleich haben nur 3% aller Gemeinde- und 5% aller GBV-Mieterinnen und Mieter einen befristeten Vertrag. 

Grafik 1: Anteil befristeter Mietverhältnisse nach Rechtsform

Quelle: Volkszählung (2001) und Mikrozensus (2017)

Diese Veränderung wird natürlich vor allem durch die Zunahme an befristeten Mietverhältnissen bei neu abgeschlossenen Verträgen getrieben. Aktuelle Zahlen belegen, dass mittlerweile 68% aller neu abgeschlossenen privaten Mietverträge befristet sind (Tockner 2017).

Wer ist davon betroffen?

Wie die kürzlich fertiggestellte Gallup Studie (Gallup 2018) belegt, sind es vor allem jüngere Personen und Haushalte mit Kindern die in befristeten Mietverhältnissen wohnen. Während nur ein verschwindend geringer Anteil an Personen im Pensionsalter einen befristeten Vertrag hat, sind es etwas mehr als ein Fünftel (22%) der 30 bis 39jährigen und ein Viertel (25%) der 18 bis 29jährigen. Die Tatsache, dass befristete Verträge vor allem bei jüngeren Haushalten und bei neuen Mietverträgen zunehmen hat zur Folge, dass verstärkt auch Familien mit Kindern von dieser unsicheren Wohnsituation betroffen sind. Eine von Fünf (20%) Personen mit einem Kind im Haushalt mietet befristet, im Vergleich zu zirka eine von acht (12%) Personen ohne Kinder im Haushalt. 

Grafik 2: Anteil befristeter Mietverträge nach Alter und Haushaltstyp

Quelle: Gallup Studie 2018

Während sich der private Mietsektor also zunehmend prekarisiert, sowohl in Bezug auf die Mietverträge als auch hinsichtlich der Mietpreise, bieten Mietverhältnisse bei Gemeinnützigen und bei Gemeinden weiterhin eine große Sicherheit. Dies schlägt sich auch in den durchschnittlichen Mietdauern nieder. Während ein durchschnittliches Mietverhältnis (der Median) im privaten Sektor nur 3,4 Jahre dauert, sind es im gemeinnützigen Sektor 8,3 Jahre und bei Gemeindewohnungen 13,1 Jahre. 

Tabelle 1: Durchschnittliche Mietdauer (Median) nach Rechtsform

 

Quelle: Mikrozensus 2017

Es ist in diesem Zusammenhang allerdings auch wichtig das Verhältnis von befristeten Verträgen und allgemeiner Fluktuation im Wohnungsbestand zu erwähnen. 

Befristung vs. Fluktuation

Fluktuation im Wohnungsbestand an sich ist weder gut noch schlecht. Wohnungsumzüge passieren aufgrund einer Vielzahl von Gründen: Veränderungen in Beruf, Ausbildung, Familie oder Partnerschaft. Während diese Art der Umzüge meist selbst gewollt ist, ist die Fluktuation, die sich durch befristete Mietverträge ergibt in den meisten Fällen ungewollt und nicht an persönlichen oder beruflichen Veränderungen orientiert. Bei den Fluktuationen insgesamt zeigt sich, dass 18% (fast jeder fünfte) aller privaten Mieterinnen und Mieter im letzten Jahr umgezogen sind, im Vergleich zu 9% aller GBV 1  und 6% aller Gemeinde Mieterinnen und Mieter. 

Grafik 3: Fluktuation. Wiedervermietungsrate nach Rechtsform (% der Wiedervermietungen innerhalb des letzten Jahres)

Quelle: Mikrozensus 2017

 Es zeigt sich also, dass trotz der meist unbefristeten Mietverträge im gemeinnützigen Sektor durchaus eine Fluktuation stattfindet, was darauf hindeutet, dass Personen bei beruflich oder privat bedingten Veränderungen auch ihre Wohnsituation dementsprechend adaptieren. Sichere Wohnverhältnisse, wie sie etwa durch einen unbefristeten Mietvertrag gegeben sind, ermöglichen eine bessere Alltags- und Zukunftsplanung, da sie es den Mieterinnen und Mietern ermöglichen ihre Wohnsituation an die jeweilige Lebenssituation anzupassen und sie nicht mit einem erzwungenen und oft zeit- und kostspieligen Umzug konfrontiert sind. 

Gerald Kössl, seit Februar 2019 Mitarbeiter im wohnwirtschaftlichen Referat des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen. 

Quellen:

Gallup Institut. 2018. Gemeinnütziger Wohnbau. Umfrage des österreichischen Gallup Instituts. Dezember 2018. 

Tockner, Lukas. 2017. Mieten in Österreich und Wien 2008 bis 2016. Arbeiterkammer Wien. November 2017. 

Statistik Austria. Mikrozensus 2017. 

Die verbandsinterne Auswertung ergab zuletzt eine Fluktuationsrate von knapp über 8% bei GBV Mieterinnen und MIeter. Die geringfügige Differenz zu den Ergebnissen des Mikrozensus ist methodisch begründet.