Zum Hauptinhalt springen

Gastkommentar: Virtuelle Organsitzungen bei GBVs

„Virtuelle Organsitzungen gemeinnütziger Bauvereinigungen“

Gemeinnützige Bauvereinigungen haben ihre Organsitzungen im Regelfall physisch abgehalten. Zur Verringerung des Ansteckungsrisikos beabsichtigen etliche gemein-nützige Bauvereinigungen jedoch ihrer Sitzungen im Jahr 2020 (teilweise) virtuell ab-zuhalten.

Nach bisheriger Rechtslage sind für GmbH-Generalversammlungen und für Auf-sichtsratssitzungen physische Sitzungen vorgesehen. Virtuelle Sitzungen mithilfe tech-nischer Kommunikationsmittel sind grunsätzlich von einer entsprechenden Ermächti-gung im Gesellschaftsvertrag oder von der Zustimmung aller Mitglieder des AR ab-hängig.

Nun hat der Gesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen zur Verhinderung der Verbrei-tung des Coronavirus erlassen, die die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen berühren, etwa durch ein Betretungsverbot öffentlicher Or-te. Durch das COVID-19-GesG und die COVID-19-GesV samt dem am 08.04. 2020 erlassenen Erlass der Bundesministerin für Justiz soll hier Abhilfe geschaffen werden. 

In den letzten Wochen haben vermehrt Lockerungen der anfangs strengen Maßnah-men stattgefunden. Nichtsdestotrotz bleibt die Möglichkeit zur Durchführung von „vir-tuellen Versammlungen“ bestehen und kann insbesondere bei großen Genossen-schaften (oder auch GmbHs) ein zweckdienliches Instrument zur Erleichterung der Abhaltung von Gesellschafterversammlungen darstellen. Sofern auch nur ein Teil-nehmer nicht physisch anwesend ist, handelt es sich um eine „virtuelle Versammlung“ und gelangen die Bestimmungen der COVID-19-GesV zur Anwendung. Darüber hin-aus bleibt die Möglichkeit „Beschlüsse auch auf andere Weise zu fassen“ (siehe dazu unten) bestehen.

Beschlüsse ohne physischer Anwesenheit

Gem § 1 des COVID-19-GesG können Versammlungen von Gesellschaftern und Or-ganmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft und Genossenschaft nach Maßgabe der von der Bundesministerin für Justiz erlassenen COVID-19-GesV auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden.

Für die Durchführung einer solchen „virtuellen Versammlung“ ist erforderlich, dass ei-ne Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akusti-schen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit besteht. Dabei muss es jedem Teilnehmer möglich sein, sich zu Wort zu melden und an Abstimmungen teilzuneh-men. Falls einzelne, höchstens jedoch die Hälfte der Teilnehmer nicht über die techni-schen Mittel für eine akustische und optische Verbindung mit der virtuellen Versamm-lung verfügen oder diese Mittel nicht verwenden können oder wollen, so ist es auch ausreichend, wenn die betreffenden Teilnehmer nur akustisch mit der Versammlung verbunden sind.

Die Entscheidung, ob eine virtuelle Versammlung durchgeführt werden soll und wel-che Verbindungstechnologie dabei zum Einsatz kommt, ist von jenem Organ oder Or-ganmitglied zu treffen, das die betreffende Versammlung einberuft. Diese Bestim-mung ist aus unserer Sicht verfassungsrechtlich bedenklich, zumal hier eine gesetzlich den Gesellschaftern zugewiesene Kompetenz durch Verordnung auf das einberufende Organ (bspw bei der GmbH in der Regel der Geschäftsführer) übertragen wird. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Problematik würde jedoch den Rahmen die-ses Beitrags sprengen.

Abgabe von Wortmeldungen

Für große Genossenschaften bestehen insofern Erleichterungen, als es für die virtuel-le Durchführung der Generalversammlung einer Genossenschaft auch ausreichend ist, wenn eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Verbindung in Echtzeit besteht, wobei das einzelne Mitglied dem Verlauf der Versammlung nur folgen kann, aber auf andere Weise in die Lage versetzt wird, während der Versammlung Wortmeldungen abzugeben und an Abstimmungen teilzunehmen. Für die Abgabe von Wortmeldungen (Fragen und Be-schlussanträge) können während der Versammlung angemessene zeitliche Be-schränkungen festgelegt werden. 

Ist die Abstimmung der Mitglieder anordbar?

Falls auch eine virtuelle Durchführung der Generalversammlung nicht möglich oder zweckmäßig ist, kann der Vorstand – falls ein Aufsichtsrat vorhanden ist, mit dessen Zustimmung – für Angelegenheiten, die einer Beschlussfassung durch die General-versammlung bedürfen, die Durchführung einer schriftlichen Abstimmung der Mitglie-der anordnen, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist. Für die Ankündi-gung der schriftlichen Abstimmung gelten die Vorschriften über die Einladung zur Ge-neralversammlung sinngemäß.

RA Mag. Hannes Havranek, LLM. und RAA Mag. Marvin Neuhauser arbeiten bei Feuchtmüller Stockert Moick Rechtsanwälte https://www.fsm.law/