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Dekarbonisierung ist in aller Munde – aber was bedeutet es eigentlich?

Unter Dekarbonisierung (wörtlich: „Entkohlenstofflichung“) versteht man die Umstellung der Energiegewinnung auf solche Prozesse, die keine oder nur sehr geringe Kohlenstoffdioxid (CO2)-Emissionen freisetzen. Im Kern geht es dabei um die Zurückdrängung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdöl und Erdgas zugunsten erneuerbarer Energieträger. Zwar werden auch bei der Verbrennung erneuerbarer Energieträger wie Holz klimaschädliche CO2-Emissionen ausgestoßen. Da jedoch Biomasse nachwächst und selbst wiederum CO2 bindet, werden erneuerbare Energieträger über den ganzen Lebenszyklus als weitgehend „CO2-neutral“ angesehen. Die Dekarbonisierung hat das Ziel, die weitere Anreicherung der Erdatmosphäre durch CO2 und andere Treibhausgase zu reduzieren, welche für den Treibhausgaseffekt und damit den Klimawandel maßgeblich verantwortlich ist.

Die Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems gilt spätestens seit der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 als (welt-)politisches Ziel. Die EU hat sich mit dem „Europäischen grünen Deal“ das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Österreich plant dies gemäß Regierungsabkommen von Jänner 2020 sogar schon bis zum Jahr 2040.

Um diese Ziele zu erreichen, ist eine rasche Dekarbonisierung in allen Sektoren erforderlich. 2019 wurden in Österreich knapp 80 Mio t Treibhausgase emittiert (Treibhausgasbilanz Österreich). Den größten Anteil hatte der Sektor Energie und Industrie (inkl. Emissionshandel) mit 35 Mio t, gefolgt vom Verkehr mit 24 Mio t. Der Gebäudesektor verursachte 8,1 Mio t CO2-Emissionen und damit rund 10% aller Treibhausgasemissionen in Österreich. 

Innerhalb des Gebäudesektors wiederum hat die Raumwärme den höchsten Anteil an CO2-Emissionen. Ein Haushalt verbraucht in Österreich im Schnitt (gemäß Energiestatistik 2019/20) rund 14.100 kWh an Heizenergie pro Jahr und verursacht dadurch rund 2 Tonnen an CO2-Emissionen1. Die Unterschiede beim durchschnittlichen Heizenergieverbrauch nach Bundesländern reichen dabei von 7.700 kWh/HH in Wien bis zu 18.700 kWh/HH im Burgenland, was sich durch die gänzlich unterschiedliche Siedlungsstruktur (größere, freistehende Einfamilienhäuser im Burgenland, kompakte Geschoßwohnungen in Wien) erklären lässt. Die Unterschiede beim CO2-Ausstoß sind nicht ganz so groß, da diese durch den höheren Gasanteil in Städten und den höheren Anteil erneuerbarer Energiequellen (v.a. Holz) im ländlichen Raum ein wenig ausgeglichen werden. Die Bandbreite reicht von rund 1,4 t pro Haushalt in Wien bis rund 2,4 t in Niederösterreich und Burgenland.

  

Quelle: GBV, 2021. Datenbasis Energiestatistik 2019/20. Heizungsbedingte CO2-Emissionen abgeschätzt nach Heizenergieverbrauch und Energiemix, umgerechnet mit Konversionsfaktoren nach OIB-Richtlinie 6, Mischfaktor für Fernwärme)

Es gibt in Österreich noch fast eine Million gasbeheizte, über 500.000 ölbeheizte und 250.000 elektrisch beheizte Hauptwohnsitze, zusammen mit den Restbeständen von mit festen fossilen Brennstoffen beheizten Wohnungen insgesamt also rund 1,7 Millionen Hauptwohnsitze mit CO2-intensiven Heizungssystemen. Für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors ist die Umstellung dieser Heizungen auf emissionsarme Energieträger („Wärmewende“) vorrangig und trägt am stärksten zur CO2-Reduktion bei. Zusätzlich gilt es auch, die thermische Sanierung der Gebäude mit besonders geringer Energieeffizienz (v.a. ältere Einfamilienhäuser) voranzutreiben.

Ein Haushalt, der in einer GBV-Mietwohnung lebt, verursacht derzeit schon um rund 70 % niedrigere CO2-Emissionen fürs Heizen als der österreichische Durchschnittshaushalt. Gründe dafür sind die höhere Energieeffizienz, der bessere Energiemix und die geringere Wohnnutzfläche in GBV-Wohnungen, v.a. im Vergleich zum Einfamilienhaus (siehe Abbildung). GBV nehmen hier eine Vorreiterrolle ein und haben sich die weitere Dekarbonisierung der Heizsysteme bis zur Erreichung der Klimaneutralität zum erklärten Ziel gesetzt – ein erster Zwischenstand der Initiative „Wärmewende Plus“ ist hier dokumentiert.

Quelle: Gutheil-Knopp-Kirchwald, 2020. Eigene Berechnung auf Basis: Gebäudestrukturmodell GBV (E. Bauer, GBV), EU SILC 2017, Energiestatistik 2017/18, OIB-Konversionsfaktoren nach OIB-Richtlinie 6 (2019).

Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald

 

Referenzen

STATISTIK AUSTRIA, Energiestatistik: MZ Energieeinsatz der Haushalte 2019/2020. 

Gutheil-Knopp-Kirchwald, G. (2020): Dekarbonisierung des Gebäudesektors im gemeinnützigen Wohnungsbestand. OIB aktuell 2/2020, S. 26-29

 1 Die CO2-Emissionen pro Haushalt sind nicht direkt der Energiestatistik zu entnehmen, sondern wurden auf Grundlage der Konversionsfaktoren nach OIB-Richtlinie 6 (CO2-Äquivalente in g/kWh je Energieträger) und ergänzenden Schätzungen ermittelt.