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Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nach § 14d WGG – Ein kurzer Überblick ausgewählter Aspekte

1.    Sicherung einer nachhaltigen Wohnversorgung 
Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV) haben den gesetzlichen Auftrag, Klein- und Mittelwohnungen, sogenannte Volkswohnungen, zu errichten und eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit leistbarem Wohnraum sicherzustellen1.  Im Lichte des mit der WGG-Novelle 2016 verankerten Generationenausgleichs ist seitens des Gesetzgebers hervorgehoben worden, dass leistbarer Wohnraum nicht nur für die bestehenden Nutzer, sondern auch für die zukünftigen Generationen sichergestellt werden soll2.  Der Gesetzgeber hat daher auch ein besonderes Interesse an der ortsüblichen Erhaltung und der nützlichen Verbesserung des gemeinnützig errichteten Wohnungsbestandes.


2.    Zweck des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags
Eine GBV als Vermieterin ist daher berechtigt, im Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Kosten der in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten auch einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag als Entgeltkomponente einzuheben.


3.    Voraussetzungen für die eigenverantwortliche Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags
Grundvoraussetzung ist, dass die Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags als Entgeltkomponente zumindest konkludent vereinbart worden ist3.  Darüber hinaus ist eine Vorschreibung nur zulässig, wenn der Miet- oder sonstige Nutzungsgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, für das die Baubehörde den Abbruch weder bewilligt noch aufgetragen hat. 
Liegen die Voraussetzungen vor, dann ist eine GBV als Vermieterin nach § 14d Abs 1 WGG verpflichtet, von ihren Mieter:innen oder sonstigen Nutzungsberechtigten die Entrichtung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags zu verlangen. Die GBV kann eigenverantwortlich darüber entscheiden, in welchem Ausmaß sie einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag bis zur jeweiligen gesetzlichen Höchstgrenze einhebt.

4.    Vom Erstbezug abhängige gesetzliche Höchstbetrage
In § 14d Abs 2 WGG sind die Maximalwerte, die eine GBV an Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag einheben darf, gesetzlich festgelegt. Für die ersten fünf Jahre nach Erstbezug der Baulichkeit beträgt der EVB aktuell € 0,56/m2 Nutzfläche (beginnend mit 1. April 2024 € 0,59). Für jedes weitere Jahr des Zurückliegens des Erstbezugsdatums erhöht sich der Betrag ausgehend vom Ausgangswert um 12%. Ab dem 30. Jahr nach Erstbezug darf der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag den Maximalbetrag von derzeit € 2,22/m² und Monat (beginnend mit 1. April 2024 € 2,33)4  grundsätzlich nicht überschreiten. 
Schriftliche Vereinbarungen nach § 14 Abs 2 WGG über die Erhöhung des EVB mit allen Mieter:inen bzw über die Erhöhung des EVB nach § 14 Abs 2b WGG zur anteiligen der öffentlich-geförderten Kosten von thermischen Sanierungsmaßnahmen, von Gemeinschaftseinrichtungen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie, von Gemeinschaftseinrichtungen für Ladepunkte für E-Fahrzeuge oder von behinderten-, kinder- oder altengerechten Maßnahmen mit einer qualifizierten Dreiviertelmehrheit der Mieter:innen berechtigen die GBV mehr als den Maximalbetrag einheben zu dürfen. Gleiches gilt, wenn ein Gericht (oder eine Schlichtungsstelle) über die Erhöhung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags rechtswirksam entschieden hat.


5.    Berechnung
Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag wird in einem ersten Schritt immer baulichkeitsbezogen, dh liegenschaftsbezogen, auf Basis der gemäß § 16 Abs 1 WGG relevanten Nutzfläche ermittelt. Der so errechnete Betrag kann sodann an die Mieter:innen nach den für das Objekt maßgeblichen gesetzlichen bzw vertraglichen Verteilungsbestimmungen des § 16 WGG entweder nach der Nutzfläche gemäß § 16 Abs 1 und 2 WGG oder dem Nutzwert (§ 16 Abs 3 oder 4 WGG) oder aufgrund eines mit allen Mieter:innen vereinbarten abweichenden Aufteilungsschlüssel verteilt werden. 


6.    Valorisierung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags: Nächster Valorisierungszeitpunkt am 1. April 2024
Das bisher bestehende Valorisierungssystem wurde mit dem 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz (3. MILG) geändert5  und in § 14d Abs 2 WGG ein neues Valorisierungssystem geschaffen, das nunmehr zu beachten ist. 
Zum Valorisierungszeitpunkt 1. April 2024 ist die inflationsbedingte Änderung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge auf Basis des bisherigen Valorisierungsmodus zu ermitteln; dies jedoch mit der Einschränkung, dass sich am 1. April 2024 die Beträge gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt (1. April 2024) um nicht mehr als fünf Prozent erhöhen dürfen.


7.    Mietrechtliche Wirksamkeit und Veröffentlichung der neuen Werte
Das Wirksamwerden der Indexveränderung wird vom Gesetzgeber datumsmäßig mit 1. April vorgegeben. Die Betragsänderung – Erhöhung theoretisch auch eine Verringerung – ergibt sich auf Grund des Gesetzes von selbst, ohne dass es einer Kundmachung bedarf6.  Die aufgrund der gesetzlichen Valorisierung erfolgte Veränderung wird jedoch aufgrund der Anordnung in § 19a ERVO 1994 in transparenter und nachvollziehbarere Weise nach Befassung durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft vom Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband auf dessen Webseite veröffentlicht.


8.    Geltendmachung der valorisierungsbedingt geänderten Beträge nach § 14 Abs 1 WGG 
Das WGG räumt den gemeinnützigen Bauvereinigungen in dessen § 14 Abs 1 ex lege ein gesetzesunmittelbares Entgeltanpassungsrecht ein, damit diese während der Mietvertragsdauer das Entgelt im Einklang mit den diesbezüglichen Vorgaben des WGG entsprechend anpassen können, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten7.  Ändern sich die der Berechnung des Entgelts zugrunde zu legenden Beträge, so ändert sich auch das Entgelt entsprechend. Aufgrund des in § 14 Abs 1 WGG verankerten gesetzlichen Anpassungsmechanismus kann die Änderung der Höhe des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags ex lege geltend gemacht werden. Jedoch sind die dafür maßgeblichen Grundlagen bei der nächstfolgenden Entgeltvorschreibung den Mieter:innen schriftlich bekanntzugeben. Im Falle der valorisierungsbedingten Änderung ist den Mieter:innen bekanntzugeben, dass sich die Höhe des vorzuschreibenden Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags aufgrund der Valorisierung nach § 14d Abs 2 WGG geändert hat.
Darüber hinaus ordnet auch die Übergangsbestimmung des § 39 Abs 39 WGG an, dass die das WGG betreffenden Vorschriften für alle Valorisierungen nach Inkrafttreten des 3. MILG per 31. Dezember 2023 ungeachtet bisheriger anderslautenden, vertraglichen Vereinbarungen gilt. Dies bedeutet, dass die nunmehrige Valorisierungsregelung auch für laufende Mietverhältnisse, deren Mietvertrag vor dem 31. 12 2023 abgeschlossen worden ist, zur Anwendung gelangt.8 


9.     Rückerstattungsanspruch
Da auch der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag dem Kostendeckungsprinzip als tragende Säule des WGG folgt und nur zur zweckgemäßen Verwendung eingehoben werden soll, ordnet § 14d Abs 4 WGG Folgendes an: Wird ein von einem/einer Mieter:in entrichteter Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nicht innerhalb von zwanzig Kalenderjahren ab der jeweiligen Einhebung zur Finanzierung einer Erhaltungs- und/oder Verbesserungsarbeit verwendet, so ist die GBV zur Rückerstattung samt gesetzlicher Verzinsung verpflichtet.9 Zur Rückforderung berechtigt ist jener/jede Mieter:in, der im Zeitpunkt des Ablaufs der zwanzig Kalenderjahre seit Einhebung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags Mieter:in des Bestandobjekts ist. 

 

 

  1Schuster, Die „gewachsenen“ Strukturen und ihre Flexibilität, in Korinek/Nowotny (Hrsg), Handbuch der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft (1994) 241 (244).
  2Holoubek/Hanslik-Schneider in Illedits (Hrsg), Wohnrecht Taschenkommentar4 § 1 WGG Rz 3.
  3Puhr/Schinnagl in GeKo Wohnrecht III §§ 13, 14 WGG Rz 7.
  4Die vom Erstbezug der Baulichkeit abhängigen Höchstbeträge sind auf der Webseite des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband unter https://www.gbv.at/Extras/Wohnwirtschaftliche_Werte/ veröffentlicht.
  5Näher zum neuen Valorisierungssystem Schinnagl, Die wohnungsgemeinnützigkeitsrechtlichen Neuerungen des 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetzes (3. MILG), wobl 2024, 62. 
  6Schinnagl, wobl 2024, 62.
  7Vonkilch, Reflexionen zur Stellung des WGG im Gefüge (sonder-)privatrechtlicher Schutzmechanismen, in Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (Hrsg), Wohnungsgemeinnützigkeit in Recht, Wirtschaft und Gesellschaft- FS Wurm (2019) 111; Puhr/Schinnagl in GeKo Wohnrecht III §§ 13, 14 WGG Rz 16; Prader/Pittl, WGG2.05 § 14 Rz 1.
  8Nach Kollmann, Der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Teil des 3. MILG, immo aktuell 2024,1 wird durch die Formulierung der Übergangsregelung im Bezug auf die Veränderlichkeit des Entgelts auch die gesetzliche Valorisierung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags bekräftigt.
  9Zum sukzessiven Entstehen des Rückerstattungsanspruchs vgl Schinnagl, Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gem § 14d WGG: Einige grundsätzliche Überlegungen, in Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (Hrsg), Wohnungsgemeinnützigkeit in Recht, Wirtschaft und Gesellschaft- FS Wurm (2019) 111

 

Beiträge: Die wohnungsgemeinnützigkeitsrechtlichen Neuerungen des 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetzes (3. MILG), wobl 2024

Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 14d WGG im Lichte des 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetzes (3. MILG) in Vonkilch/Weber (Hrsg), Jahrbuch Wohnrecht 2024 (in Vorbereitung)

 

Verfasserin: Michaela Schinnagl, Fachreferat für Rechtsangelegenheiten GBV, Mitherausgeberin des GeKo Wohnrecht Gesamtkommentars