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Langjähriges Hoch bei Mietanstiegen

Aktuelle Mietentwicklung
Österreich erlebt aktuell einen der stärksten Anstiege der Mieten innerhalb der letzten 25 Jahre. Die Preisanstiege bei den Mieten betrugen zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem zweiten Quartal 2023 9,1% bei den Bruttomieten und 10,3% bei den Nettomieten. Damit liegen die Preisanstiege bei den Mieten derzeit nicht nur auf einem Rekordhoch. Wohnungsmieten waren im September 2023 jene Position im Warenkorb mit dem größten Beitrag zur Gesamtinflation. 0,4 Prozentpunkte der Gesamtinflation von 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurden im September allein durch den Anstieg der Wohnungsmieten verursacht, und das, obwohl Wohnungsmieten nur mit einem Gewicht von 5,4% in den Verbraucherpreisindex (VPI) einfließen. Die aktuellen Anstiege der Mieten sind aber über den Mietwohnungsbestand recht unterschiedlich verteilt Am stärksten fiel der Anstieg der Nettomieten zwischen Q2/2022 und Q2/2023 mit +12% im privaten und gewerblichen Sektor aus.

Abbildung 1: Veränderung der Netto- und Bruttomieten zwischen Q2/2022 und Q2/2023
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus

 

Obwohl auch die Mieten im kommunalen und gemeinnützigen Sektor deutlich stärker gestiegen sind als in den Vorjahren fielen dort die Anstiege mit 6% bzw. 7% nur etwa halb so hoch aus wie im privaten Sektor. Damit lag die durchschnittliche Bruttomiete im Q2/2023 im privaten/gewerblichen Sektor bei 11,1 Euro pro Quadratmeter (8,7 Netto + 2,4 Betriebskosten). Im Vergleich dazu betrugen die Bruttomieten im gemeinnützigen Sektor 8 Euro (5,7€ Netto + 2,3€ Betriebskosten) und im kommunalen Wohnbau 7,7 Euro (5,1€ Netto + 2,6€ Betriebskosten). Der deutlich stärkere Anstieg bei den privaten/gewerblichen Mieten hatte auch zur Folge, dass die Preisdifferenz zum gemeinnützigen Sektor weiter gestiegen ist. GBV-Nettomieten sind aktuell um ein Drittel und GBV-Bruttomieten um 28% günstiger als die Mieten im privaten/gewerblichen Sektor.

Abbildung 2: Entwicklung der Nettomieten, Betriebskosten und Bruttomieten 2009 – Q2/2023
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus

 

Die deutliche Preisdifferenz zwischen dem privaten/gewerblichen und dem gemeinnützigen Sektor existiert also bereits seit längerem und hat sich merkbar auseinanderbewegt. Hinter den Preisanstiegen stehen aber je nach wirtschaftlichem Kontext unterschiedliche Ursachen. Während der Zeitraum zwischen 2020 und 2022 von einer deutlichen Steigerung der Betriebskosten (+8%) gekennzeichnet war (v.a. durch steigende Energiekosten) und in diesem Zeitraum die Nettomieten nur leicht anstiegen (+4%), so zeigt sich seit Beginn des Jahres 2023 ein umgekehrter Trend.


Seit Anfang 2023 bewegen sich vor allem die Nettomieten stark nach oben. Diese Entwicklung lässt sich durch deutliche Mietsteigerungen im Bestand erklären. Die gesetzliche bzw. vertragliche Anpassung der Mieten an den Verbraucherpreisindex verursacht in Zeiten hoher Inflation auch stärker steigende Mieten. Im privaten Altwohnungsbestand (in vor 1945 errichteten Gebäuden) gelten Richtwert- bzw. Kategoriemieten, welche aufgrund der gesetzlichen Regelung in den Jahren 2022 und 2023 bereits mehrmals angehoben wurden. Aus den Mikrozensus Daten geht hervor, dass allerdings nicht nur die Mieten in Richtwertwohnungen besonders stark gestiegen sind (+12,3% zwischen Q2/2022 und Q2/2023), sondern auch in privaten Wohnungen mit freier Mietzinsbildung (+11,8%). In Wohnungen mit freier Mietzinsbildung (nach 1945 errichtet) finden sich oft Wertsicherungsvereinbarungen, die ebenfalls eine laufende Anhebung mit dem VPI vorsehen.

Auch langfristig sind die Mieten im privaten und gewerblichen Sektor deutlich stärker gestiegen als in den anderen Sektoren. Mit +59% Preisanstieg der Nettomiete bei Mietverträgen mit freier Mietzinsbildung und +51% in den Richtwertbeständen zwischen 2009 und 2022, lag die Teuerung im privaten Mietwohnungsbestand deutlich über der allgemeinen Teuerung (VPI), welche in diesem Zeitraum +36,2% ausmachte. Die Preisanstiege erklären sich jedoch nicht nur durch die Anhebung von bestehenden Mietverträgen, sondern zu einem guten Teil auch aus der Wiedervermietung bzw. der Erneuerung von Mietverträgen.


Gemeinnützige Mieten sind im Zeitraum 2009 bis 2022 mit einem Plus von 41% weniger stark gestiegen als private und kommunale Mieten. Innerhalb des gemeinnützigen Mietwohnungsbestandes zeigt sich darüber hinaus ein weiterer wichtiger wohnungswirtschaftlicher Effekt. Dieser Effekt betrifft die sogenannten „Grundmietewohnungen“, also jene ausfinanzierten Wohnungen, für die keine Darlehen mehr bezahlt werden müssen. Nachdem Darlehen zurückbezahlt wurden, kommt es in diesen Wohnungen zu einer Absenkung auf die Grundmiete. Aktuell kommt es jährlich in rund 9.000 Wohnungen auf den Umstieg in die Grundmiete. Grundsätzlich werden die Grundmieten alle zwei Jahre mit dem VPI erhöht. Durch das laufende Wechseln von Wohnungen in die abgesenkte Grundmiete liegt der Preisanstieg in den älteren GBV-Beständen (vor 1990 errichtet) allerdings deutlich unter dem VPI. Die Grundmiete-Bestände wirken sozusagen als institutionalisierte Mietpreisbremse innerhalb der Wohnungsgemeinnützigkeit.

Abbildung 3: Veränderung der Nettomieten zwischen 2009 und 2022 nach Rechtsform und Miettyp
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus

 

Auch wenn Mieten mit etwas Zeitverzögerung in Zeiten sinkender Inflation voraussichtlich wieder weniger stark steigen werden, so wird die Leistbarkeit des Wohnens auch künftig eine wesentliche gesellschaftliche Herausforderung bleiben. Darüber hinaus erschweren die weiterhin hohen Baukosten die Neuerrichtung von leistbaren Wohnungen. Laut sozialer Krisenfolgenbefragung der Statistik Austria waren Wohnkosten im 1. Quartal 2023 für rund ein Drittel aller Mieterhaushalte eine schwere finanzielle Belastung, was eine deutliche Steigerung innerhalb eines Zeitraums von etwas mehr als einem Jahr darstellt. Um auch künftig ein neues Angebot an gemeinnützigen Wohnungen bereitstellen zu können bedarf es daher gerade jetzt einer Investitionsoffensive, sowohl was den Neubau als auch was den Bestand und die Sanierung betrifft.


Autor: Gerald Kössl, Wohnwirtschaftliches Referat

Eine umfassende Darstellung des österreichischen Mietwohnungsmarktes und der Mietentwicklung seit 2009 ist hier zu finden.

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