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Neues und (sehr) Altes zu den spekulationsverhindernden Regelungen der §§ 15g und 15i WGG (1)

Bekanntlich regeln obig angeführte Normen - beginnend mit der WGG-Nov 2016 [2] und adaptiert mit den darauffolgenden Novellen des WGG [3] - Beschränkungen in der Verfügung des erwerbenden (Wohnungs-)Eigentümers über seine von einer GBV errichtete Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit. [4


Der durch ein „uneigentliches“ [5] bzw „typisiertes“ [6] Vorkaufsrecht [7] abgesicherte Differenzbetrag soll im Fall eines nichtprivilegierten Weiterverkaufs innerhalb einer bestimmten sog „Spekulationsfrist“ [8] vom Ersterwerber [9] an die ursprünglich verkaufende GBV nachgezahlt werden. Dadurch soll spekulativen Weiterverkäufen ein Riegel vorgeschoben werden, zumal der historische Gesetzge-ber bei Verkauf von GBV-Wohnungen von „von der öffentlichen Hand zum Teil massiv gestützten Preisvorteilen zugunsten (und vor allem) des nachträglich erwerbenden Mieters“ ausgeht. [10]

Judikatur und Rechtsfragen
§ 15g WGG (und mE auch § 15i WGG) sind lediglich auf Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten anzuwenden. Einer analogen Anwendbarkeit auch auf „dienende Liegenschaften“ hat die Judikatur iZm § 15g WGG bereits recht rasch einen Riegel vorgeschoben [11].


Eine weitere Rechtsfrage betrifft ebenfalls die Reichweite des § 15g WGG, jedoch iZm KFZ-Abstellplätzen: Prader/Pittl plädieren für eine analoge Anwendbarkeit des § 15g WGG auf Abstell-plätze und Garagen aufgrund der Textierung des § 15g WGG (mit Verweis auf § 15b WGG) und der Anwendbarkeit des § 15b WGG auf Abstellplätze und Garagen. [12] ME ist jedoch der gegen-teiligen Rechtsansicht der Vorzug zu geben, die sich a) auf den insoweit an Klarheit wohl kaum zu überbietenden Gesetzestext stützt, b) vom Gesetzgeber bei der WGG-Nov 2019 iZm der zeitlichen Ausweitung des § 15g WGG mit dem Erfordernis einer stärkeren Verankerung der Wohnzweckbindung gemeinnützigen Wohnbaus hingewiesen wird und c) auf die bereits zu § 15g WGG ergangene Judikatur bezieht. [13]

Die Befristung als Schlüsselelement
Den §§ 15g und 15i WGG ist gemein, dass durch ihre befristete Anwendbarkeit (wie übrigens auch § 15h WGG) „Eigentum zweiter Klasse“ hintangehalten wird. [14] Seit der Verländerung der Wohnbauförderung [15] wird auf Ebene der Länder und Kommunen danach getrachtet, strenge Vorgaben in Bezug auf Anti-Spekulationsbestimmungen zu treffen. Ein rezentes E des OGH zeigt die Grenzen derartiger Eingriffe auf: Im vorliegenden Fall erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung von ei-nem Bauträger und räumte der beklagten Stadtgemeinde ein im Grundbuch eingetragenes (unbe-fristetes, limitiertes und sogar weitergabefähiges) Vorkaufsrecht ein. Hintergrund dieses Vorkaufs-rechts war die Überlassung des Grundstücks durch die Stadtgemeinde zu besseren als Marktkondi-tionen. Die Klägerin begehrte die Feststellung der Nichtigkeit des Vorkaufsrechts und die Zustim-mung zur Einverleibung der Löschung des Vorkaufsrechts. [16]


Nach Ansicht des OGH sind gem § 38 WEG 2002 nicht sämtliche, jedoch jene Vereinbarungen unzu-lässig, die Rechte (also dem Wohnungseigentumsbewerber zustehende Nutzungs- und Verfü-gungsrechte) unbillig beschränken. [17] Im vorliegenden Fall erachtete der OGH die Argumentation des Berufungsgerichts für zutreffend, dass das vereinbarte Vorkaufsrecht vor allem vor dem Hin-tergrund der zeitlichen Dauer (als „immerwährendes“ Vorkaufsrecht) eine unzulässige Einschrän-kung des Eigentumsrechts der Klägerin darstellt. [18] Zusätzlich wird die Argumentation mit Blick auf § 15g WGG untermauert, zumal dem historischen Gesetzgeber ein auf 15 Jahre befristetes Vor-kaufsrecht zur Hintanhaltung von Spekulation ausreicht, Veräußerungsvorgänge nach Ablauf dieser im WGG verankerten Frist wohl kaum mehr als spekulativ angesehen werden können. [19]

Somit sind dem Gesetzgeber hinsichtlich der Normierung antispekulativer Normen wohl auch be-stimmte (zeitliche) Grenzen gesetzt, dies überdies vor dem Hintergrund der (fast) vergessenen Art 15a B-VG Vereinbarung [20] zwischen Bund und Ländern iZm der Verländerung der Wohnbauför-derung, wonach gem dessen Art 2 Abs 2 Z 1 Höchstgrenzen iZm zivilrechtlichen, die Verfügungs-macht einschränkende Bestimmungen aufgr der Förderbestimmungen normiert sind.


[1] Nachdem zu oa Bestimmungen grundsätzlich bereits (fast) alles gesagt worden ist und dies bereits (fast) von jedem, erlaubt sich der Autor, auf einige - fast in Vergessenheit geratene ‑ Punkte hinzuweisen. Selbstverständlich stellt der Text die Privatmeinung des Autors dar.

[2] BGBl I Nr 2015/157.

[3] So WGG-Nov 2019, BGBl I Nr 2019/85 und WGG Nov 2022, BGBl I Nr 2022/88.

[4] Vgl Schinnagl/Puhr in GeKo Wohnrecht III § 15g WGG Rz 10.

[5] Pfeiffer/Riss, Das uneigentliche Vorkaufsrecht, wobl 2021, 379.

[6] Garzon, Das Vorkaufsrecht gemäß §§ 15g und 15i WGG, Fragestellungen in der praktischen Anwendung, immolex 2023/44, 44.

[7] Vor allem aber limitiert (sohin kann die GBV zum ursprünglichen Preis zurückkaufen) und bedingt (kann nur unter bestimmten Voraussetzungen gelöscht werden).

[8] Die im Fall des § 15g WGG zehn bzw 15 Jahre beträgt, im Fall des § 15i WGG 15 Jahre - vgl die Übergangsbestimmungen in § 39 Abs 34, Abs 36 und Abs 38.

[9] Sommer, Nachbesserung des Kaufpreises bei nachträglich erworbenen „gemeinnützigen“ Mietobjekten, Wer ist Schuldner der Nachbesserungspflicht bei Weiterveräußerung von einem privilegierten Zweiterwerber an Dritte? immo aktuell 2019, 278.

[10] So bereits die ErläutRV 895 dB 25. GP 12, jedoch auch auf den Regelungshinhalt des § 15i WGG anwendbar.

[11] Bisher einziges Judikat zu §§ 15g und 15i WGG: OGH 5 Ob 27/17g Zak 2017,257 = wobl 2017/114 (Zenz) = bbl 2017/184, siehe auch Schinnagl/Puhr in GeKo Wohnrecht III § 15g WGG Rz 9 f.

[12] AA und Mindermeinung Prader/Pittl, WGG2.05 § 15g Rz 4, Schwetz, WGG-Praxiskommentar § 15g Rz 1.

[13] Schinnagl/Puhr in Geko Wohnrecht III § 15g WGG Rz 9.

[14] So bereits die ErläutRV 895 dB 25. GP 12.

[15] Siehe BGBl Nr 1988/640, zu den ausgabenseitigen Auswirkungen siehe IIBW, Wohnbauförderung in Österreich 2022 19.

[16] OGH 21.11.2023, 10 Ob 25/23h Rz 1-3.

[17] Mit Verweis auf § 38 WEG 2002 - siehe OGH 4 Ob 235/22w bzw Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht4, § 38 WEG Rz 7 und 12.

[18] OGH 21.11.2023, 10 Ob 25/23h Rz 12 ff.

[19] OGH 21.11.2023, 10 Ob 25/23h Rz 14 mit zusätzlicher Argumentation iZm Eigentum zweiter Klasse - siehe ErläutRV 895 dB 25. GP 12 wäre mit § 38 Abs 1 Z 3 WEG 2002 nicht vereinbar.

[20] BGBl Nr 1989/158.